3 Jahre Hilfsnetzwerk: Unterstützung für NS-Überlebende in der Ukraine
Am 9. März 2022, wenige Tage nach dem Beginn des vollumfänglichen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, wurde das Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine gegründet. Seitdem haben wir gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Partnerinnen vor Ort Tausende NS-Überlebende und ihre Familien mit humanitärer Hilfe erreicht.
Unser Fokus bleibt unverändert: Hilfe für NS-Überlebende
Gerade in Zeiten sich verändernder politischer Konstellationen weltweit und unsicherer Auswirkungen auf die Haltung zur Ukraine bleibt unser Ziel klar: NS-Überlebenden in der Ukraine schnell und zuverlässig zu helfen. Die zumeist Hochbetagten sind vom russischen Angriffskrieg besonders betroffen und benötigen unsere Unterstützung dringend.
Konkret benötigen unsere ukrainischen Partnerorganisationen Lebensmittel, Medikamente, Notlampen, Wasserfilter und andere Hilfsgüter, wobei die Nachfrage stetig wächst. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Überlebende kaum oder gar nicht mobil sind und auf die regelmäßigen Hilfsleistungen angewiesen sind. Unsere Partnerorganisationen vor Ort nehmen oft lange Wege in Kauf, um auch Menschen in abgelegenen Dörfern zu erreichen.
Langjährige Partnerschaften und neue Kooperationen
Seit der Gründung des Hilfsnetzwerks arbeiten wir eng mit lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen, um schnell und zielgerichtet Hilfe leisten zu können. Teilweise existieren langjährige Kontakte zu Partnerinnen in der Ukraine durch die Mitglieder des Hilfsnetzwerks. Andere Kooperationen haben wir in den letzten drei Jahren aufgebaut.
Die NGO ProInfo ist seit 2017 in der Region Lviv aktiv und versorgt NS-Überlebende finanziell sowie mit Medikamenten und Lebensmitteln. Seit 2022 unterstützen wir diese Arbeit durch Spenden.


Der russische Angriffskrieg hat die Benachteiligung von ohnehin vulnerablen und marginalisierten Gruppen verstärkt. Die Überlebenden des NS-Völkermords an den Romn:ja erfahren immer noch Diskriminierung, ihre Lage ist prekär und von Armut geprägt. Deshalb haben wir in diesem Jahr unsere Zusammenarbeit mit NGOs, die Rom:nja unterstützen, weiter ausgebaut.
Miro ilo arbeitet im Gebiet Charkiw und ist eine der vielen jungen NGOs, die sich in den Jahren vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine gegründet haben, um die Interessen der Romn:ja zu vertreten und sie bei rechtlichen und sozialen Problemen zu unterstützen. Die sechs Freiwilligen um Liubov Avgustina helfen den mehr als 40 Überlebenden des NS-Völkermords an den Rom:nja, die durch den Krieg besonders auf Unterstützung angewiesen sind.
Unsere Aktivitäten im Jahr 2024 — Auswahl
Ukrainische Zeitzeugin berichtet
Am 23. Februar 2025 – einen Tag bevor sich der russische Angriff auf die gesamte Ukraine zum dritten Mal jährte – veranstalteten wir in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz ein Zeitzeug:innengespräch mit Svitlana Petrowskaja. Die ehemalige Geschichtslehrerin erzählte, wie sie sich 1941 mit ihren Eltern und ihrer Schwester vor der Wehrmacht nach Russland retten konnte. Ihre Großmutter und Tante gehörten zu den Opfern des Massakers von Babyn Yar im September 1941. Im Jahr 2022 musste Petrowskaja erneut fliehen, von Kyiv nach Berlin, nachdem sie einen eindrucksvollen Appell an die Mütter russischer Soldaten gerichtet hatte, ihre Söhne nicht in den Krieg zu schicken.

Wanderausstellung Kulturretter:innen
Das Hilfsnetzwerk war Teil der Wanderausstellung Kulturretter:innen die in 2024 durch Leipzig, Köln und Hamburg tourte. Im Kapitel „Hoffnung” wird unter anderem die Unterstützung des Hilfsnetzwerks für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine vorgestellt.

Lokale Erinnerungsarbeit
Wolodomyr Shcherbina wurde im März 1944 aus Mykolajiw zur Zwangsarbeit nach Schwenningen (heute Villingen-Schwenningen) verschleppt. Das Hilfsnetzwerk unterstützte ihn über eine Patenschaft und einer der Spender, der in Schwenningen aufgewachsen war, wurde auf seine Geschichte aufmerksam. Es kam zu vertieften Nachforschungen und letztlich in 2024 zur Gründung einer lokalen Initiative. Shcherbinas Bericht bleibt das einzige öffentliche Zeugnis eines ehemaligen Zwangsarbeiters in Schwenningen. Leider verstarb Herr Shcherbina kurz nach dem Erhalt eines Briefes der Initiative.
Die Zeit ist begrenzt
Der Standard berichtete am 8. August 2024 über unsere Arbeit. Es ist eine Reportage über die 96-jährige Hanna Shulga, die in Perejaslaw, südlich von Kyiv lebt. Als Jugendliche wurde sie von der Wehrmacht zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert. Und heute? Schrillen erneut die Sirenen in ihrer Stadt und Bomben fallen auf ihr Land. Der Bericht verdeutlicht, wie retraumatisierend und vereinsamend der Krieg auf viele NS-Überlebende wirkt. Leider ist Hannah Shulga im Januar 2025 verstorben. Die NS-Überlebende sind heute bereits teils weit über 80 Jahre alt – gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass in der verbleibenden Zeit die dringend benötigte Hilfe ankommt.
Unsere Hilfe in Zahlen
Seit unserer Gründung haben wir 928.500 Euro an Spendengeldern und weitere Drittmittel in die Ukraine übermittelt. Mit unserer Hilfe erreichen wir mehr als 400 NS-Überlebende pro Monat. 200 NS-Überlebende können wir mit den Patenschaften regelmäßig unterstützen.
- 5.255 humanitäre Hilfsleistungen für NS-Überlebende (Lebensmittel, Medikamente, Notlampen u. a.)
- 1.512 finanzielle Soforthilfen für NS-Überlebende
- 200 Patenschaften für NS-Überlebende
- 992 finanzielle Soforthilfen für Angehörige von NS-Überlebenden sowie Kolleg:innen in Gedenkstätten, Museen und NS-Opferverbänden vor Ort.
Jede Spende zählt: Ihre Unterstützung hilft uns, diese wichtige Arbeit fortzusetzen und NS-Überlebenden in der Ukraine weiterhin zu helfen.